Mannschaftstrainer sind regelmäßig in die betrieblichen Abläufe ihres Sportvereins eingegliedert und damit abhängig beschäftigt.
(Urteil des SG Wiesbaden, 17.05.2019 – S 8 R 312/16).
Das Sozialgericht Wiesbaden hatte über den Fall eines Hockeytrainer zu entscheiden, der durchschnittlich 18 Stunden monatlich für den Sportverein tätig war, dass er abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig war. Das Gericht folgt damit der bisherigen Rechtsprechung, wonach Mannschaftstrainer regelmäßig als abhängig Beschäftigte anzusehen sind.
Der Verein räumte dem Trainer alle erforderlichen Mittel und Freiheiten ein, um den Ligaaufstieg des Vereins zu erreichen. Auch die vereinbarte Vergütung in Höhe von 80 EUR je Stunde sprach aus Sicht von Sportverein und Trainer (Kläger) für eine selbstständige Tätigkeit des Trainers. Mit den von ihm getätigten Investitionen in Hard- und Software sowie Sportausrüstung trug er zudem ein unternehmerisches Risiko, auch dies ein Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit.
Der geschlossene „Honorartrainer-Vertrag“ enthielt u.a. die folgenden Regelungen:
(…) Der Trainer führt die im Rahmen dieses Vertrages erteilten Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Trainers in eigener unternehmerischer Verantwortung aus. Dabei hat er zugleich auch die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Trainer unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist in Bezug auf Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden. Er hat jedoch fachliche Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert. Der Trainer ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. (…)
Ergebnis eines durchgeführten Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) war, dass eine abhängige Beschäftigung mit damit einhergehender Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung vorliegt.
Dem schloss sich das Sozialgericht an. Die Tätigkeit als Hockeytrainer ist demnach als eine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anzusehen. Beschäftigung besteht im Falle nichtselbständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind insbesondere eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, § 7 SGB IV.
Die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) konkretisiert dies und verlangt in diesem Zusammenhang die persönliche Abhängigkeit des Auftragnehmers vom Auftraggeber. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. statt vieler nur BSG v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R). Zur Abgrenzung sind dabei regelmäßig die von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen heranzuziehen (BSG v. 29.06.2016, B 12 R 5/14 R).
Eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit deutet aber nur dann auf Selbstständigkeit hin, so das Gericht, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bezüglich der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw. Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren (BSG v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, NJOZ 2016, 666, Rn. 29). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl. BSG v. 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R, BeckRS 2015, 70638).
Ausgehend hiervon war eine funktionsgerecht dienende Teilhabe des Trainers am Arbeitsprozess des Vereins zu bejahen. Der Trainer war in die betriebliche Organisation des Vereins eingegliedert, in Bezug auf die Trainingszeiten war er an die Belegungspläne des Verein gebunden (zeitliche Weisungsbindung) und auch ein unternehmerisches Risiko war nicht zu tragen, tatsächlich war eine feste Vergütung vereinbart.
Auch der Verdienst, als wichtiges Indiz für die Selbständigkeit von Honorarkräften konnte den Klägern nicht zum Erfolg verhelfen. In der Höhe der Vergütung, die deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten lag und dadurch Eigenvorsorge zugelassen hat, vermochte das Gericht zwar tatsächlich ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit zu erkennen. Das Bundessozialgericht hatte in einem Urteil vom 31.03.2017 (B 12 R 7/15 R, BeckRS 2017, 114148) jedoch entschieden, dass es sich bei der Vergütungshöhe nur um eines von in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien handelt, weswegen ihr alleine keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
In der Gesamtabwägung aller Umstände der Tätigkeit ging die Kammer des Sozialgerichtes davon aus, dass diejenigen Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, diejenigen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, überwiegen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und noch beim Landessozialgericht Hessen (L 8 KR 297/19 anhängig.
sozialgerichtsbarkeit.de: Hockeytrainer ist sozialversicherungspflichtig