Eine „Ein-Sterne-Bewertung“ ohne aussagekräftigen Begleittext bei „Google Maps“ enthält laut eines Urteils des OLG Nürnberg vom 17.7.2019 (Az. 3 W 1470/19) die implizite Tatsachenbehauptung, dass der Bewerter in irgendeiner Form mit dem Leistungsangebot des Bewerteten in Kontakt gekommen ist und dieses als unzureichend empfunden hat.
Kann nicht nachgewiesen werden, dass der Bewertungsersteller gar nicht Kunde des Unternehmens war, kann im Regelfall nicht gegen die (anonyme) „Ein-Sterne-Bewertungen“ vorgegangen werden.
Kommentar zum Urteil des OLG Nürnberg vom 17.7.2019 – 3 W 1470/19
I. Problemaufriss: Zur Bedeutung von Bewertungsportalen im Internet
II. Entscheidung des OLG Nürnberg vom 17.07.2019
1. Sachverhalt
2. Entscheidung
a) Unterlassungsanspruch – Keine Verletzung des APR des Antragstellers
b) Eingriff in den Schutzbereich
c) Rechtswidrigkeit der Äußerung
d) Datenschutzrechtliche Erlaubnis für Auskunftserteilung
III. Relevanz der Entscheidung
1. Die Entscheidung im Kontext der bisherigen Rechtsprechung
2. Bewertungsportale als Quelle für eine Vielzahl rechtlicher Problemstellungen
I. Problemaufriss: Zur Bedeutung von Bewertungsportalen im Internet
Bewertungsportale im Internet sind immer häufiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Dazu trägt vor allem die kaum zu überschätzende wirtschaftliche Bedeutung für diejenigen bei, die von Einzelbewertungen betroffen sind.[1]
Vergleichbar mit Kundenrezensionen auf Amazon bestimmen Bewertungen maßgeblich mit, ob Leistungen bestimmter Unternehmen und Dienstleister von Kunden in Anspruch genommen werden. In erster Linie eröffnen Bewertungen deshalb – sofern sie denn aus Betroffenensicht wünschenswert ausfallen – wirtschaftliche Chancen. Die Kehrseite liegt damit jedoch bereits auf der Hand: Negativbewertungen sind Dienstleistern ein Dorn im Auge, da sich diese abträglich auf ihr Bild in der Öffentlichkeit auswirken können und potentielle Kunden gegebenenfalls abschrecken. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Bewertungsportale in der Regel allen Nutzern zugänglich sind, ohne dass etwa Unternehmer einer Registrierung oder Bewertungen zustimmen müssen.[2] Erfolgen negative Bewertungen „zu Unrecht“, muss den Betroffenen aufgrund der für sie nachteiligen wirtschaftlichen Folgen daher unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich gegen diese rechtlich zu wehren.
Besonders schwierig verhält es sich aus Sicht des Betroffenen, wenn Bewertungen anonym erfolgen. Anlass zur Beschäftigung mit dieser Konstellation gibt u.a. die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 17.7.2019 – 3 W 1470/19. Der Beitrag soll zunächst die Entscheidung des Gerichts in seinen Grundzügen skizzieren. Daran anknüpfend werden anhand dessen die typischen rechtlichen Problemkonstellationen von Internet-Bewertungsportalen beleuchtet. Zudem wird aufgezeigt, wie sich die Entscheidung in die bisher zur Thematik ergangene Rechtsprechung einfügt.
II. Entscheidung des OLG Nürnberg vom 17.07.2019 (Az. 3 W 1470/19)
Gerichtliche Entscheidungen zum Thema Bewertungen im Internet befassen sich zurzeit überwiegend mit Ärzteportalen.[3] Regelmäßig musste sich auch schon der BGH der Frage widmen, ob etwa bestimmte Bewertungen auf dem Ärzteportal „jameda“ äußerungsrechtlich zulässig sind. [4] Mit einem Ärztebewertungsportal hatte sich auch das OLG Nürnberg in seiner Entscheidung vom 17.07.2019 zu befassen. Konkret ging es dabei unter anderem um die Frage, ob eine „Ein-Sterne-Bewertung“ ohne aussagekräftigen Begleittext bei Google-Maps noch vom Äußerungsrecht gedeckt ist.
1. Sachverhalt
Auf Google Maps war über die Zahnarztpraxis des Antragstellers die Bewertung eines Nutzers abrufbar. Dieser bewertete die Zahnarztpraxis mit einem von fünf möglichen Sternen und den Worten „Oje. Naja“. Seit März 2019 konnte das Profil des Nutzers nicht mehr abgerufen werden.
Der antragstellende Zahnarzt forderte Google-Maps daher dazu auf, die Bewertung zu löschen und Auskunft über die Bestandsdaten zu dem Nutzerprofil zu geben.
2. Entscheidung
Das OLG Nürnberg wies den Antrag jedoch zurück.
Der Senat listete die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch gem. § 14 III TMG wie folgt auf:
Ein solcher setze voraus, dass
- Die Auskunft zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte erforderlich ist (weshalb die Voraussetzungen dieses Anspruchs dargelegt werden müssen)
- Das Vorgehen rechtswidrige Inhalte betrifft, die von § 1 III NetzDG erfasst werden und
- Der Anspruchsgegner ein „soziales Netzwerk“ i.S.v. § 1 I 1 NetzDG ist.
Einen Anspruch ließ das Gericht schon daran scheitern, dass nach seiner Auffassung kein deliktischer Unterlassungsanspruch bestehe. Eine Auskunft sei deshalb nicht erforderlich.
a) Unterlassungsanspruch - Keine Verletzung des APR des Antragstellers
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers sah das OLG Nürnberg als nicht verletzt an. Die vom Gericht als Meinungsäußerungen eingestuften Bewertungen greifen zwar in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein, seien allerdings nicht rechtswidrig.
b) Eingriff in den Schutzbereich
Dabei umriss das Gericht zunächst den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und rückte dabei die Besonderheit in den Vordergrund, dass sich im vorliegenden Fall nicht eine natürliche, sondern eine juristische Person auf Persönlichkeitsrechte berief:
„ […] Hierzu gehört der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken (BVerfG, NJW 2012, 1643, Rn. 30). Vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist auch der soziale Geltungsanspruch eines Wirtschaftsunternehmens umfasst. Ein Eingriff in den Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist daher zu bejahen, wenn eine Äußerung geeignet ist, das unternehmerische Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen (vgl. BGH, NJW 2015, 773, Rn. 12.)“[5]
Die in Rede stehende Bewertung sei für die Praxis abträglich. Durch die Vergabe von lediglich einem von fünf Sternen und die Äußerung „Oje. Naja“ werde zum Ausdruck gebracht, dass der Nutzer die Zahnarztpraxis als unzureichend bzw. ungenügend ansehe.
c) Rechtswidrigkeit der Äußerung
Ob eine Äußerung als rechtswidrig zu erachten ist, hängt maßgeblich von der Einordnung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung ab, für die jeweils unterschiedliche Zulässigkeitsvoraussetzungen gelten. Meinungsäußerungen sind in der Regel nur dann unzulässig, wenn sie entweder einen bewusst oder erwiesen unwahren Tatsachenkern enthalten oder für sie gemessen an ihrer Eingriffsintensität nicht jedenfalls ein Mindestbestand an tatsächlichen Anknüpfungspunkten festzustellen ist.[6]
Konkret führte das Gericht hierzu aus:
„ Im vorliegenden Fall ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Denn die notenmäßige Bewertung mit einem Stern ist von Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Gleiches gilt für die Äußerung „Oje.Naja“, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt und nicht einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. BGH, GRUR-RR 2016, 521, Rn. 32).“[7]
Mangels Schmähcharakter sei die Meinungsäußerung grundsätzlich zulässig. Die Bewertung werde auch nicht dadurch unzulässig, weil die Bewertung keine Begründung für die geäußerte Meinung enthält. Denn die Äußerung von zulässiger Kritik habe nicht zur Voraussetzung, dass zugleich Hintergründe und Umstände aufgedeckt werden müssen, die zu der Meinungsbildung geführt haben. Zum Recht der freien Meinungsäußerung gehöre auch, seine Meinung aussprechen zu können, ohne diese erklären zu müssen.
Sodann setzte sich das OLG Nürnberg mit den verschiedenen Bewertungen der Gerichte zum Aussagegehalt einer Ein-Sterne-Bewertung ohne aussagekräftigen Begleittext auseinander.[8]
Nach der Auffassung des Senats verstehe das unvoreingenommene und verständige Durchschnittspublikum die streitgegenständliche Bewertung so, dass implizit geäußert wird, es habe zwischen dem Bewerter und der Antragstellerin irgendeine mit der Dienstleistung einer Arztpraxis im Zusammenhang stehende Verbindung gegeben, die der Bewertung zu Grunde liegt.
Die Aussage sei zwar detailarm und auch aus der Vergabe des Sterns sei keine Aussage darüber getroffen, welche konkreten Leistungen oder Personen der Zahnarztpraxis gemeint seien.
„Der Aussagegehalt der Bewertung ist jedoch dahingehend zu verstehen, dass der Autor in irgendeiner Form mit dem Leistungsangebot des Bewerteten in Kontakt gekommen ist und dieses als unzureichend empfunden hat […] Der durchschnittliche Leser nimmt an, dass der Bewerter entweder dort Patient war und seine Bewertung auf die dort gemachten Erfahrungen stützt, oder dass der Bewerter in sonstiger Weise in Berührung mit der Praxis der Antragsteller gekommen ist.“[9]
Dass dieser der Meinungsäußerung zugrundeliegende Tatsachenkern unzutreffend ist, hätten die Antragsteller jedoch nicht hinreichend dargelegt.[10]
d) Datenschutzrechtliche Erlaubnis für Auskunftserteilung
Ferner verneinte das OLG Nürnberg einen Anspruch auf Auskunftserteilung auch deshalb, weil die streitgegenständlichen Bewertungen keine rechtswidrigen Inhalte betrafen, die von § 1 III NetzDG erfasst werden.
Hierzu führte der Senat aus, dass die in Rede stehenden Bewertungen auf Google-Maps nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der Beleidigung nach § 185 StGB erfüllen:
„ Der Tatbestand der Beleidigung verlangt, dass der Täter durch die gewollte Kundgabe der Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung einen anderen rechtswidrig in seiner Ehre angreift. […] Ob eine solche vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist die Rechtsprechung des BVerfG zur Meinungsäußerungsfreiheit, die zu einer weitgehenden Einschränkung des Ehrenschutzes geführt hat, zu beachten (BayObLG, NJW 2005, 1291).[11]
Erwähnenswert sind die an dieser Stelle vom Gericht vorgenommenen umfangreichen Ausführungen zur Schmähkritik, dessen Vorliegen der Senat im Rahmen der Prüfung des Unterlassungsanspruchs zunächst ohne Erläuterung verneint hatte.
„Die Vorschrift des Art. 5 I 1 GG verlangt bei der Anwendung des § 185 StGB grundsätzlich eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Geschädigten und der Meinungsfreiheit des Äußernden. Die Meinungsäußerungsfreiheit tritt allerdings regelmäßig dann hinter dem Ehrschutz zurück, wenn und soweit es sich um herabsetzende Äußerungen handelt, die eine bloße Schmähung der angegriffenen Person darstellen. […] Eine herabsetzende Äußerung nimmt […] erst dann den Charakter einer Schmäung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.
Von einer bloßen Schmähkritik ist namentlich auszugehen, wenn ein sachlicher Anlass nur vorgegeben oder als Vorwand genutzt wird und eine Äußerung eine allein persönlich diffamierende und herabsetzende Zielrichtung hat.“[12]
Sodann hebt das Gericht hervor, dass im Internet ein großzügiger Maßstab anzulegen sei:
„ Bei Äußerungen im Internet ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, weil das Web kein Ort des Höflichkeitsaustausches ist und diese Eigenart sowie die besondere Internetsprache zu berücksichtigen sind. Diese ist plakativ, provokativ und gerade in den sog. „Bewertungsportalen“ meist aufs Extrem gerichtet. Von daher kommt es für die Frage der Ehrverletzung mehr denn je auf die Substanz der Äußerung an. […] Es handelt sich hier um sozialadäquate Äußerungen des Grades der (Un-)Zufriedenheit eines Nutzers über einen Dienstleistungsanbieter in einem dafür vorgesehenen Bewertungsportal. Denn gerade im Internet haben derartige Anbieter grundsätzlich negative Bewertungen und – auch unbegründete – inhaltliche Kritik an ihrer Tätigkeit hinzunehmen. Da die Bewertungen weder als Schmähkritik noch als Beleidigung anzusehen sind, stellen sie zulässige Meinungsäußerungen dar.“
3. Zusammenfassung
Der äußerungsrechtlich besonders relevante Gehalt der Entscheidung des OLG lässt sich unter Rückgriff auf den zweiten Leitsatz zusammenfassen:
„Eine „Ein-Sterne-Bewertung“ ohne aussagekräftigen Begleittext bei „Google Maps“ enthält die implizite Tatsachenbehauptung, dass der Bewerter in irgendeiner Form mit dem Leistungsangebot des Bewerteten in Kontakt gekommen ist und dieses als unzureichend empfunden hat.“
Kann – wie im vorliegenden Fall – die Unrichtigkeit dieser impliziten Tatsachenbehauptung nicht dargelegt werden, ist sie vom Betroffenen vor allem mit Rücksicht auf den bei Äußerungen im Internet großzügigen Maßstab hinzunehmen. Unternehmen haben es deshalb nicht leicht, gegen (anonyme) „Ein-Sterne-Bewertungen“ vorzugehen. Das liegt vor allem an der Hürde des § 14 III TMG, der den Auskunftsanspruch auf Fälle bestimmter Straftaten – etwa § 185 StGB – begrenzt.[13]
III. Relevanz der Entscheidung
Die Relevanz der Entscheidung zeigt sich schon anhand der bisherigen, hierzu vergleichbar ergangenen Rechtsprechung sowie der Vielzahl der dort behandelten rechtlichen Fragestellungen.
1. Die Entscheidung im Kontext der bisherigen Rechtsprechung
Im Kontext der bisher ergangenen Rechtsprechung fügt sich die Entscheidung in jüngere Tendenzen ein. Sie führen dazu, dass auch substanzarme Äußerungen in Kombination mit Ein-Sterne-Bewertungen hinzunehmen sind, sofern das Fehlen eines Mindestbestands an Anknüpfungstatsachen für die Negativbewertungen nicht dargelegt werden kann.
Tendenzen der jüngeren Rechtsprechung zeigen, dass die Anforderungen an diesen Mindestbestand relativ gering sind. Bei einer pauschalen Bewertung einer kommerziellen Leistung, die letztlich vom subjektiven Empfinden des Bewertenden abhängt, ist zu verlangen, dass der Bewertende die Leistung auch tatsächlich in Anspruch genommen hat. Zulässig hielt das LG Hamburg Bewertungen, die ihren tatsächlichen Bezugspunkt in dem Geschäftsablauf der sich streitenden Parteien fanden.[14] Als nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt erachtete der BGH etwa die Bewertung einer ärztlichen Behandlung mit der „Gesamtnote 4,8“, bei der es zu keinem Behandlungskontakt kam.[15]
Probleme bereitet aus Betroffenensicht aber – zumindest im vorliegenden Fall – die Darlegungslast bei anonymen Bewertungen. Weil den Antragstellern eine nähere Darlegung zum fehlenden Behandlungskontakt nicht möglich ist, trifft den Antragsgegner zwar grundsätzlich eine sekundäre Darlegungslast. Dieser muss im Rahmen des Zumutbaren Angaben für Umstände liefern, die für einen Behandlungskontakt zwischen Bewertendem und Bewertetem sprechen, also Nachforschungen anstellen. Hier bestand die Besonderheit jedoch darin, dass der Nutzer sein Profil bereits gelöscht hatte, auf die E-Mail Adresse konnte binnen 30 Tagen nicht mehr zugegriffen werden. Letztlich blieben daher nach Ansicht des Senats doch die Antragsteller beweisfällig.[16]
2. Bewertungsportale als Quelle für eine Vielzahl rechtlicher Problemstellungen
Schwierigkeiten bereitet neben der Zulässigkeit bestimmter Äußerungen im Ausgangspunkt schon die Frage, gegen wen der von der Bewertung Betroffene überhaupt vorzugehen hat. Möglich erscheint es, den Nutzer, d.h. den Bewertenden selbst, den Portalbetreiber oder den Betreiber der Suchmaschine in Anspruch zu nehmen. Den Nutzer zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen, ist in der Praxis indes nahezu unmöglich, wenn dieser nicht identifiziert werden kann.[17] Unter Verweis auf entsprechende Regelungen zum Schutz der Nutzerdaten gegenüber dem Diensteanbieter in den §§ 12 ff. TMG betont der BGH, dass eine anonyme Nutzung dem Internet immanent sei. Eine Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden können, sei mit Art. 5 I 1 GG wiederum nicht vereinbar.[18] Zumeist verleiben dem Betroffenen daher lediglich die letzteren Möglichkeiten. Regelmäßig haften die Portalbetreiber nach BGH-Rechtsprechung jedoch allenfalls als Störer. Eine Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers scheitert zudem häufig daran, dass diese nach BGH Rechtsprechung nur dazu verpflichtet sind, offensichtliche Rechtsverletzungen aus ihren Suchergebnislisten herauszunehmen. Dies stellt die Betroffenen bei (nur) reputationsschädigenden Behauptungen vor erhebliche Probleme.[19] Auch die hohen Anforderungen des § 14 TMG erschweren dem Betroffenen eine Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers.
IV. Fazit und Ausblick
Die Entscheidung des OLG Nürnberg verdeutlicht, dass die Entwicklung im Bereich der Rechtsprechung zu Bewertungsportalen auch künftig nicht abnehmen wird. Das mag zum einen daran liegen, dass – wie im Medienrecht üblich – eine Querschnittsmaterie betroffen ist: Im Kern geht es wie aufgezeigt neben dem Persönlichkeitsrechtsschutz in Online-Portalen immer wieder auch um haftungs-, datenschutz- oder auch wettbewerbsrechtliche Fragestellungen. Zum anderen trägt hierzu der gravierende Umstand bei, dass Bewertungen anonym und ohne Zugangshindernisse vorgenommen werden können. Abzuwarten bleibt deshalb insbesondere, wie die Gerichte auf Sachverhalte reagieren, in denen Nutzer Bewertungsportale als Medium verwenden, um mithilfe von anonymen Ein-Sterne-Bewertungen Unternehmen zielgerichtet zu schaden.
[1] zur wirtschaftlichen Bedeutung siehe etwa Büscher, GRUR 2017, 433, 433.
[2] Vgl. hierzu Grisse, AfP 2019, 189, 189; Büscher, GRUR 2017, 433, 433.
[3] Paal, NJW 2016, 2081, 2081.
[4] BGH NJW 2016, 2106 – Ärztebewertungsportal III.
[5] OLG Nürnberg, Beschluss v. 17.07.2019 – 3 W 1470/19, Rn. 16; zur Problematik Grisse, AfP 2019, 189, 191.
[6] Korte, Praxis des Presserechts, 2. Auflage 2019, Rn. 212.
[7] OLG Nürnberg, Beschluss v. 17.07.2019 – 3 W 1470/19, Rn. 24.
[8] Zum Meinungsstand siehe OLG Nürnberg, Beschluss v. 17.97.2019 – 3 W 1470/19, Rn. 33.Rn. 29 – 34; im Einzelnen LG Augsburg, Urt. v. 17.08.2017 – 22 o 560/17; LG Hamburg, Urt. v. 12.01.2018 – 324 O 63/17.
[9] OLG Nürnberg, Beschluss v. 17.97.2019 – 3 W 1470/19, Rn. 33.
[10] Allgemein zur Darlegungslast bei anonymen Äußerungen Grisse, AfP 2019, 189, 192, Rn. 17 ff.
[11] OLG Nürnberg, Beschluss v. 17.07.2019 – 3 W 1470/19, Rn. 44.
[12] OLG Nürnberg, Beschluss v. 17.07.2019 – 3 W 1470/19, Rn. 45.
[13] Cordes, GRUR-Prax 2019, 413, 413.
[14] LG Hamburg, Urt. v. 03.05.2019, 324 O 358/18 Rn. 58.
[15] Vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15 – www.jameda.de II.
[16] Vgl. hierzu die Ausführungen des Senats in Rn. 36.
[17] Paal, NJW 2016, 2091, 2081.
[18] BGH NJW 2009, 2888, 2892 – Zulässigkeit von Lehrerbewertungen im Internet.
[19] Grisse, AfP 2019, 189, 189.