Niederlage für die Pumpkin and Honey Bunny UG: In einer von uns betreuten negativen Feststellungsklage vor dem Landgericht Hamburg entschied die zuständige Kammer für Handelssachen, dass der schlichte Aufdruck der Bezeichnung „ALLET JUTe“ (mit kleinem „e“ am Ende) auf Stoffbeuteln keine Markenrechtsverletzung darstellt, auch wenn eine entgegenstehende Unionsmarke „ALLET JUTE“ u.a. in der Nizzaklasse 24 (Webstoffe und Textilwaren) eingetragen ist.
Der Sachverhalt
Unsere Mandantin hatte im Jahre 2016 eine Abmahnung der Pumpkin and Honey Bunny UG durch die Kanzlei Meissner & Meissner erhalten, weil Sie auf der mittlerweile geschlossenen Plattform DaWanda Stoffbeutel mit Aufdrucken im Berliner Jargon (u.a „knorke“, „watt´n ditte“ sowie „ALLET JUTe“ vertrieb. Die Mandantin hatte den Beutel zudem mit ihrem eigenen Logo, welches auf der Innenseite vermerkt war, angeboten. Die Bezeichnung „ALLET JUTe“ befand sich somit ausschließlich als Aufdruck auf dem Beutel selbst.
Die Abmahnung
Die Mandantin wurde dennoch von der Kanzlei Meissner & Meissner für die Pumpkin and Honey Bunny UG abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung und Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 EUR aufgefordert. Nach Rücksprache mit der Mandantin wurde hier zunächst nur die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben, da ein einstweiliges Verfügungsverfahren vermieden werden sollte. Die geforderten Rechtsanwaltskosten wurden jedoch nicht bezahlt. Da die Kanzlei Meissner & Meissner sodann mitteilte, dass es zu einer gerichtlichen Klärung über die noch ausstehenden Anwaltskosten kommen werde, dies allerdings bis Mitte des Jahres 2018 nicht geschah und die Mandantin die Sache endgültig geklärt haben wollte, wurde eine negative Feststellungsklage zum Landgericht Hamburg erhoben. Darin wurde die Feststellung beantragt, dass unsere Mandantin keine Rechtsanwaltskosten aus der Abmahnung zu zahlen hat.
Das Urteil
Das LG Hamburg gab der Klage vollumfänglich statt und führte aus, dass aufgrund fehlender markenmäßiger Benutzung hier ausnahmsweise keine Markenrechtsverletzung gegeben war.
Das LG Hamburg setzte sich in seinem Urteil jedoch nicht mit der einschlägigen Rechtsprechung (z.B. BGH, GRUR 2006, 850 TZ 19 – Fußball WM 2006; GRUR 2010, 1100 TZ 20 – TOOOR!; BGH GRUR 2010, 838 Tz. 20 – DDR-Logo; BGH, Urteil vom 14.1.2010, Az. I ZR 82/08, Rz. 20, CCCP; OLG Hamburg GRUR-RR 2009, 300 – Aufdruck „Mit Liebe gemacht“ auf einem Babystrampler bzw. OLG Hamburg, BeckRS 2009, 18504, – „Zicke“; KG Berlin, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 5 W 216/15 –; EuGH, Urteil vom 12.11.2002, Az. C-206101, Tz. 57, 51 , Arsenal Football Club plc ) auseinander, sondern stellte vielmehr eigene Erwägungen an.
Nachfolgend wird das Urteil im Volltext wiedergegeben:
LG Hamburg, Urteil vom 12.12.2018 – Az. 416 HKO 106/18
Im Namen des Volkes
Urteil
In der Sache
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: IPCL Rieck & Partner Rechtsanwälte, Spaldingstraße 74, 20097 Hamburg
gegen
Pumpkin and Honey Bunny UG (haftungsbeschränkt), Goethestraße 14, 10625 Berlin
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Meisser & Meissner, Hohenzollerndamm 89, 14199 Berlin
erkennt das Landgericht Hamburg – Kammer für Handelssachen – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2018 für Recht:
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet ist, die mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 05.10.2016 (K 5) geltend gemachten Rechtskosten zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf €1430,38 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, Mutter und Hausfrau, die im Dawanda-Shop selbstgemachtes und -gebasteltes verkauft, wehrt sich gegen die Kostentragungspflicht anlässlich einer von der Beklagten, Inhaberin der u. a. für Taschen eingetragenen Unions-Wortmarke „Allet Jute“ mit anwaltlichem Schreiben vom 05.10.2016 ausgesprochenen Abmahnung (K 5), welche den Vertrieb eines von der Klägerin entworfenen, mit dem Schriftzug „ALLET JUTE“, versehenen Spritzbeutels (K 2) betraf. Dabei streiten die Parteien darüber, ob der Vertrieb des genannten Beutels eine markenmäßige Verwendung, mithin eine Verletzung der Marke der Beklagten darstellt.
Die Klägerin, welche vorprozessual zunächst eine Unterlassungserklärung abgegeben hat (K 6) beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Ein Feststellungsinteresse der Klägerin ist angesichts der mit der Abmahnung geltend gemachten anwaltlichen Gebührenforderung (K 5), von der im Ergebnis auch kein Abstand genommen worden ist, gegeben.
Begründet ist das Begehren der Klägerin, deren Unterlassungserklärung (K 6) kein Anerkenntnis darstellt, weil das Angebot des von der Klägerin entworfenen Beutels in seiner konkreten Art und Weise (mit den Merkmalen der eingetragenen Marke) keine markenmäßige Benutzung der zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Marke darstellt.
1. Eine markenrechtliche Verletzungshandlung kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das angegriffene Produkt markenmäßig verwendet wird. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes stellt das Beurteilungskriterium der Benutzung als Marke eine allgemeine Anwendungsvoraussetzung des Markenkollisionsrechts (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage 2009, § 14 Rn. 75). Das insoweit ungeschriebene Tatbestandsmerkmal bezweckt, den Kreis der potenziellen Markenrechtsverletzungen zu bestimmen, wobei die Herkunftsgarantie als Hauptfunktion der Marke im Interesse der Verbraucher die Originalität des Produkts in der Verantwortung des Markeninhabers schützt (vgl. Fezer, a.a.O.). Eine markenmäßige Benutzung oder – was dem entspricht- eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass der Gegenstand im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. BGH WRP 2012, 813, 814 – Medusa m.w.N.). Die Rechte aus der Marke sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Nutzung des Produkts durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (vgl. BGH a.a.O.).
2. Ausgehend hiervon – von einer weiteren Zitierung der den Parteien geläufigen einschlägigen Rechtsprechung sieht das Gericht ab, da deren gelehrte Auflistung letztlich für den konkreten Fall wenig ergiebig ist, – ist nach Ansicht des Gerichts hier (ausnahmsweise) einmal ein Fall gegeben, in dem keine markenmäßige Verwendung vorliegt/vorgelegen hat. Entscheidend für das Gericht ist hier (im Unterschied zu dem Berliner Fall) insoweit, dass der Schriftzug „„ALLET JUTE“ zunächst einmal blickfangmäßig den in den letzten Jahren in „Neudeutsch“ formelmäßig populär gewordenen Spruch „Alles gut“ (vgl. auch FAZ vom 03.11.2017, Feuilleton S. 9) berlinerisch „übersetzt“ wiedergibt, der vergleichbar mit dem ebenso en vogue gewordenen „kein Problem“ keinerlei Assoziation zu irgendeiner Marke bzw. einem Markeninhaber weckt. Es handelt sich hierbei um eine Art Beschwichtigungsformel, die in vielfältigen Lebensbereichen verwandt wird, so z.B. als Antwort wenn man „wie geht’s“ oder „kann ich behilflich sein“ gefragt wird oder wenn man sich nach einem versehentlichen Anrempler entschuldigt hat. Der ins Auge fallende Spruch „ALLET JUT“ erscheint daher lediglich als Persiflage auf den bei jeder Gelegenheit nahezu inflationär verwandten Spruch „Alles gut“ und nicht als irgendwie gearteter Herkunftshinweis. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts wenn man zu dem „JUT“ das „E“ hinzunimmt.
Angesichts des Stoffbeutels wird der geneigte potentielle Kunde nämlich davon ausgehen, dass die Darstellung ein witziges Wortspiel zwischen dem Spruch „Alles gut/ allet jut“ und dem (tatsächlich oder vermeintlich) aus Jute bestehenden Einkaufssack, eben einem Jutebeutel beinhaltet. Auch in dieser Kombination erscheint dem Gericht die Annahme eines Herkunftshinweises als fernliegend.
Die prozessualen Nebenentscheidungen richten sich nach den §§ 91, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
Vorsitzender Richter am Landgericht
Für die Richtigkeit der Abschrift
Hamburg, 12.12.2018
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