Wann darf mit„Made in Germany“ geworben werden?

Ist die geografische Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“  zwingend?

Eine verpflichtende Kennzeichnung für europäische Produkte gibt es nicht. Zwar verhandelten die EU-Mitgliedstaaten bereits im Jahre 2015 über eine derartige allgemeine Pflicht, allerdings konnte hierüber bisher keine Einigung erzielt werden. Gegen eine solche Pflicht sprach sich beispielsweise auch Deutschland aus.

Was bedeutet Made in Germany überhaupt? Eine Rechtsprechungsübersicht

Bereits im Jahre 1973 äußerte sich der Bundesgerichtshof zu der Frage, was überhaupt unter der Bezeichnung „Made in Germay“ zu verstehen sei. In einem grundlegenden Urteil (BGH, Urteil vom 23.03.1973 – Az. I ZR 33/72) erklärte der BGH, dass die Bezeichnung nicht voraussetze, dass ein beworbenes Produkt vollumfänglich von seinem gedanklichen Entwurf bis zur endgültigen Fertigstellung in Deutschland hergestellt werden müsse. Es sei vielmehr ausschlaggebend, dass der maßgebliche Herstellungsvorgang, bei dem die Ware die bestimmenden Eigenschaften erhalte, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen, auf einer deutschen Leistung beruht.

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 10.11.1995 – Az. 2 U 124/95) fasste die Argumentation des BGH in einem Urteil von 1995 auf, und erklärte, dass die Angabe „Made in Germany“ dann eine Irreführung sei, wenn wesentliche Teile des Produkts aus dem Ausland stammen. Allerdings sei ein Produkt auch dann noch als „Made in Germany“ zu qualifizieren, wenn einzelne Bauteile oder ganze Baugruppen aus dem Ausland bezogen würden, sofern diese für die Wertschätzung des Endprodukts nicht wesentlich seien. Seine Argumentation begründete das OLG damit, dass den für die Beurteilung der Irreführung maßgeblichen Verbrauchern durchaus bewusst sei, dass Produktionsfirmen einzelne Produktionsschritte zunehmend ins Ausland verlegen.

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 05.04.2011 – I-20 U 110/10, 20 U 110/10) wiederum differenzierte in einer neueren Entscheidung gar nicht erst, welche Teile einer Ware in Deutschland hergestellt wurden, sondern näherte sich dem Problem durch eine andere Herangehensweise.  In der Entscheidung ging es um ein Besteckset, welches mit „Made in Germany“ beworben wurde. Die Messer wurden in China hergestellt und in Deutschland lediglich poliert und den jeweiligen Sets beigefügt. Bei der Anfertigung in China kamen deutsche Maschinen zum Einsatz. Einziges Kaufargument, so das OLG,  sei hier die Werbung mit „Made in Germany“ gewesen. Dadurch erwarte der Verkehr, dass alle wesentlichen Produktionsschritte in Deutschland durchgeführt wurden. Dabei müsse der Verkehr auch gar nicht so sehr eine besondere Qualität erwarten. Der Kaufentschluss könne auch beispielsweise auf „der Sorge um hiesige Arbeitsplätze“ beruhen.

Auch das OLG Hamm (Urteil v. 20.11.2012, Az. I-4 U 95/12) entschied, dass Kondome, die im Wesentlichen im Ausland produziert werden, nicht mit „Made in Germany“ beworben werden dürfen. Die Arbeitsschritte in Deutschland beliefen sich lediglich auf die Einteilung in 2 Produktgruppen (trockene und feuchte Kondome) sowie die anschließende Befeuchtung der zweiten Gruppe.

Ähnlich urteilte das LG Stuttgart (Urteil v. 27.02.2003, Az. 35 O 170/02), welches entschied, dass Multimedia-PCs, deren Einzelteile zwar in Deutschland zusammengesetzt, diese jedoch im Ausland produziert wurden, nicht mit dem Zusatz „Qualität Made in Germany“ beworben werden dürfen.

Das OLG Köln wiederum (Urteil v. 13. Juni 2014 – Az. 6 U 156/13) verneinte eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise bei beworbenen Kfz-Kolben, welche zwar in Italien gegossen wurden, deren Konzeption, Qualitätsanalyse und Anfertigungen der Formen und Aussparungen jedoch in Deutschland erfolgte. Das OLG erklärte hier, dass die Rohlinge an sich noch keine Eigenschaften des Endproduktes begründen würden, die aus Sicht der Verbraucher dessen besondere Werthaltigkeit ausmachten. Darüber hinaus waren nach dem Guss der Rohlinge noch weitere wesentliche Arbeitsschritte erforderlich um die Rohlinge letztlich zu dem Qualitätsprodukt zu machen, als welches sie beworben wurden. Diese Schritte erfolgten jedoch allesamt in Deutschland.

Konsequenzen bei Falschangabe oder Täuschung

Wer ein Produkt fälschlich mit „Made in Germany“ kennzeichnet, kann von anderen Wettbewerbern oder klagebefugten Verbänden (z. B. der Wettbewerbszentrale) abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Außerdem drohen Schadensersatzansprüche derjenigen Wettbewerber, die die Herkunftsbezeichnung rechtmäßig nutzen dürfen.

Nach §127 Abs. 1 MarkenG dürfen Herkunftsangaben nur für solche Produkte (Waren oder Dienstleistungen) gemacht werden, die tatsächlich aus der Region, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die Angabe bezeichnet wird, sofern anderenfalls die Gefahr einer Irreführung hervorgerufen wird.

§ 127 Abs. 2 MarkenG stellt auf die besonderen qualitativen Eigenschaften von durch Herkunftsangaben geprägte Produkte ab und erlaubt die Verwendung der Angaben nur für entsprechende Produkte mit gleichen Standards.

§ 127 Abs. 3 MarkenG erweitert schließlich den Schutzbereich geographische Herkunftsangabe mit besonderem Ruf. Eine Irreführung über die geographische Herkunft muss hiernach nicht vorliegen, es reicht bereits aus, wenn die Benutzung geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

Lange Zeit ging die deutsche Rechtsprechung und Literatur mehrheitlich davon aus, dass es sich beim Schutz geografischer Herkunftsbezeichnungen aus §§ 126 ff MarkenG trotz der Regelung im Markengesetz um einen wettbewerbsrechtlichen Schutz handelt. Diese Ansicht hat der BGH (Urt. v. 31.3.2016, I ZR 86/13, Tz. 11, 13 – Himalaya-Salz) mittlerweile aufgegeben. Die Bundesrichter stellten im Urteil klar, dass sich der Schutz geografischer Herkunftsangaben nach dem Markengesetz zu einem kennzeichenrechtlichen Schutz fortentwickelt habe. Danach bestehen gemäß § 128 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 MarkenG nunmehr auch bei geografischen Herkunftsangaben die in den §§ 18 bis 19c MarkenG geregelten Ansprüche auf Vernichtung und Rückruf, Auskunftserteilung, Vorlage und Besichtigung, Sicherung von Schadensersatzansprüchen und Urteilsbekanntmachung.

Fazit:

Wird also der wesentliche Herstellungsprozesses eines Produktes ins Ausland ausgeführt, spielt es demnach auch keine Rolle, ob dies unter Verwendung deutscher Maschinen, Patente oder deutschen Know-Hows erfolgt. Auch spielt der Rohstoffursprung keine Rolle, was sich bereits aus dem Wortlautverständnis „Made in…“ ergibt. Abzustellen ist demnach letztlich auf die wesentliche Produktion bzw. die wesentliche Verarbeitung, wobei jeweils das Verkehrsverständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers zugrunde zu legen ist. Wir ein Produkt fälschlicherweise mit der geografischen Herkunftsangabe beworben, kann das zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen nach den §§ 126 ff MarkenG führen.

Findige Hersteller, welche die gesamte Problematik dadurch umgehen wollten, dass sie den Bestandteil „Made in“ wegließen und nur den Bestandteil „Germany“ verwendeten, schob das Landgericht Frankfurt (Urteil v. 07.11.2008, Az.: 3/12 O55/08) einen Riegel vor. Die Beklagte in dem vom LG entschiedenen Urteil vertrieb Messer und bewarb diese unter „Rostfrei…Germany“. Auch hier war nach Ansicht der Richter eine Irreführung gegeben, da die Erwartung der Verbraucher hervorgerufen werde, das Produkt sei im Wesentlichen in Deutschland produziert worden.

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