OLG Düsseldorf: Schnäpse ≠ Spirituosen, aber DON RUFFIN ≈ Ruffino
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 27.04.2017, Az. I-20 U 138/16) hatte sich in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit der Verwechslungsgefahr zwischen zwei widerstreitenden Wort-/Bildmarken auseinander zu setzen. Die Unionsmarke der Verfügungsklägerin „Ruffino“ war dabei unter anderem für die Nizza-Warenkategorie 33 und zwar „Weine und Schnäpse“ eingetragen.
Die deutsche Marke des Verfügungsbeklagten „DON RUFFIN“ war ebenfalls in der Nizzaklasse 33 eingetragen, jedoch für „Getränke auf Rumbasis; Rum“.
Das OLG Düsseldorf kam letztlich zu dem Ergebnis, dass die Wort-/Bildmarke des Verfügungsbeklagten jene der Verfügungsklägerin verletze, da zwischen ihnen jedenfalls mittelbare Verwechslungsgefahr bestehe. Der Senat führte aus, dass die Gefahr bestehe, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware des Verfügungsbeklagten für eine aus dem Betrieb der Verfügungsklägerin herrührenden Rum halten könnten.
Hierbei sei vorangestellt, dass sich eine Verwechslungsgefahr grundsätzlich aus dem Zusammenspiel dreier Faktoren ergibt. Bei diesen Faktoren handelt es sich um
- die sog. „Kennzeichnungskraft“ der Verfügungsmarke,
- den Grad der Warenähnlichkeit und
- die generelle Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen.
Diese Faktoren können sich dabei auch untereinander ausgleichen.
Nur Warenähnlichkeit, auf die Sprachfassung sämtlicher EU-Länder kommt es an
Das erstinstanzliche Gericht (Landgericht Düsseldorf) ging noch von Warenidentität aus, da unter „Schnäpse“ umgangssprachlich alle Arten von Spirituosen zu verstehen sei. Dies sah das OLG Düsseldorf jedoch anders. Denn schließlich handele es sich bei der Marke der Verfügungsklägerin um eine Unionsmarke, die in allen EU-Mitgliedsstaaten in der Warenklasse 33 Schutz genieße. Da alle Wirtschaftsteilnehmer in der Union in der Lage sein müssen, klar und eindeutig in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre Wettbewerber veranlasst haben, könne nicht auf das umgangssprachliche Verständnis in nur einem Sprachgebiet abgestellt werden.
Verwechslungsgefahr zwischen Wein & Rum?
Die Sprachfassung in dieser Klasse 33 in Deutschland lautet dabei „Weine und Schnäpse“. Im italienischen Warenregister war die Verfügungsmarke „RUFFINO“ unter „vini e grappe“ (also „Weine und Grappas„) gelistet. Auch in der englischen Sprachfassung des Warenverzeichnisses war „Wines and Grappa (brandies)“ vermerkt. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf erstrecke sich die Wort-/Bildmarke der Verfügungsklägerin daher auch in Deutschland nur auf Weine und Grappa, nicht hingegen auf die deutsche, umgangssprachliche Sammelbezeichnung „Schnäpse“. Eine Warenidentität mit dem von der Verfügungsbeklagten vertriebenen Rum bestand daher nach Ansicht der Richter nicht, wohl aber eine hohe Ähnlichkeit.
„DON“ werde laut OLG Düsseldorf in Deutschland als selbstständiger Namensbestandteil verstanden
Trotz der nicht vorliegenden Warenidentität und einer laut Senat nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft sah das OLG Düsseldorf die beiden Marken „RUFFINO“ und „DON RUFFIN“ als hinreichend ähnlich an und ging zumindest von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Hierzu führte das Gericht aus, dass bei erheblichen Teilen der angesprochenen (deutschen) Verkehrskreise – auch, wenn diese nicht aus dem spanisch- oder italienisch-sprachigen Raum stammen – der Zusatz „DON“ als in diesen (deutschen) Sprachräumen verwendete Anrede vertraut sei. Demnach würde auch der deutsche Verkehr den Bestandteil „DON“ als selbstständigen Namensbestandteil verstehen und einen gedanklichen Zusammenhang mit Spanien oder Italien herstellen. Durch die Bekanntheit von „Don Quichotte“, „Don Giovanni“, „Don Corleone“ oder „Don Camillo“ werde eine südländische Assoziation geweckt, wie sie sich auch aus der Verfügungsmarke ergebe. Deshalb liege eine hohe klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit vor, so dass auch die nur normale Kennzeichnungskraft sowie die nur bestehende Warenähnlichkeit einer mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht entgegenstehe.
Prognosefalle Markenrecht
Diese Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt, dass es im Markenrecht kein „schwarz oder weiß“, kein „richtig oder falsch“ gibt. Es kommt jedes Mal auf den Einzelfall an. Seriöse Vorhersagen über einen Verfahrensausgang sind schwer bis unmöglich. Viele Komponenten müssen berücksichtigt, der Gesamteindruck des angesprochenen Verkehrs stets im Auge behalten werden.
Wer eine Marke eingetragen bekommt, genießt einen absoluten Schutz dieser Marke. Ohne diese Marke zu verteidigen, nützt dem Markeninhaber die Marke jedoch wenig. Daher sollten sich Markeninhaber schon vor der Anmeldung Gedanken darüber machen, ob sie (auch finanziell) in der Lage sind, diese Marke gegenüber unrechtmäßigen Nutzern zu verteidigen.
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